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Gefühlt nimmt das Du überhand: auf den Websites von Dienstleisterinnen, Freiberuflern, bei so manchen Agenturen. Und natürlich bei einer Reihe großer Unternehmen: bei ALDI und LIDL, bei adidas und dm, bei OTTO oder IKEA. Es gibt gute Gründe, die eigenen Kunden zu duzen. Aber es gibt auch klare Argumente fürs Siezen.
Was spricht fürs Duzen oder Siezen? Was ist für Ihr Unternehmen am vorteilhaftesten? Sollten Sie das Du oder das Sie einheitlich nutzen? Oder können Sie auf Ihren Social-Media-Kanälen duzen, obwohl Sie auf Ihrer Firmenwebsite siezen? Ich helfe Ihnen bei Ihrer Entscheidung!
Statistischer Überblick: Wie kommt das Duzen oder Siezen an?
Eine Umfrage des MDR vom März 2023 zeigt: Die jüngere Generation (16 bis 29 Jahre) möchte mehrheitlich geduzt werden. Trotzdem bevorzugen 44 Prozent das Sie in der Kunden- und Unternehmenskommunikation.
Bei den 30- bis 49-Jährigen wollen 55 Prozent gesiezt werden. Mit steigendem Alter nimmt die Akzeptanz des Duzens immer weiter ab: Die Menschen zwischen 50 und 64 Jahren wollen zu 65 Prozent gesiezt werden, bei noch älteren Frauen und Männern sind es ganze 70 Prozent.
Ob duzen oder siezen besser ankommt, scheint eine Frage der Generationen zu sein. Für Sie als Unternehmerin oder Unternehmer spielen allerdings eine ganze Reihe weiterer Überlegungen eine Rolle.
Sie duzen Ihre Kunden: Ihre Vorteile – und woran Sie denken sollten
Es gibt immer Kunden, die das Du als unpassend und übergriffig empfinden. Ausschlaggebend sind Ihre Zielgruppe(n) und Ihre Wunschkunden: nicht unbedingt das konkrete Alter, sondern ihre Erwartungshaltungen und Herangehensweisen. Aber auch Ihre Branche beeinflusst Ihre Entscheidung für das Duzen oder Siezen. Und natürlich das Image, das Sie sich und Ihrem Unternehmen verliehen haben oder verleihen wollen. Das Du eignet sich, wenn
- Sie eine Firma oder ein Büro mit flachen Hierarchien führen,
- Sie Distanz und mögliche Hemmungen abbauen wollen: dann kann ein lockerer, nahbarer Umgangston von Vorteil sein,
- Ihnen an persönlicher Nähe liegt und Sie Ihren Kunden als Partner, Freund oder Freundin begegnen wollen: als Coach, Berater oder Hochzeitsplanerin,
- Sie Sport- und Freizeitangebote machen, Events organisieren, im kreativen Bereich arbeiten, ein Start-up führen oder in der Tech- oder Medienbranche tätig sind,
- Ihre (Wunsch-)Kunden eher jung sind, vor allem aber unkonventionelle statt traditionsverbundene Einstellungen besitzen.
Sie sollten Ihre Kunden also gut kennen(lernen) und sie richtig einschätzen. Und falls Sie sich entscheiden, Ihre Kunden zu duzen: Akzeptieren Sie, wenn sie in persönlichen Gesprächen oder per E-Mail dennoch lieber gesiezt werden wollen. Kommen Sie ihrem Wunsch nach.
Gehen Sie aber nicht nur von Ihren Kundinnen und Kunden aus, sondern auch von sich selbst:
- ob sich das förmliche Sie für Sie selbst falsch anfühlt, das lockere Du dagegen authentisch,
- ob Sie umgekehrt ebenfalls geduzt werden wollen: falls nicht, spricht das für das Sie.
Wenn Sie Ihre Kunden duzen wollen: Achten Sie darauf, dass Sie in
- Angeboten und Kostenvoranschlägen,
- Rechnungen oder
- Mahnungen
dennoch zum formellen Sie greifen.
Sie siezen Ihre Kunden: Ihre Vorteile
Das Siezen wird von vielen Kunden oder Auftraggeberinnen akzeptiert, selbst von den jüngeren. Daher machen Sie nichts falsch, wenn Sie siezen: Für das Du empfängliche Kunden zu siezen, ist in Ordnung – aber wenn Sie Menschen duzen, die Wert auf das Sie legen, kommt das schnell respektlos an. Allerdings geht’s auch beim förmlichen Sie um eine ganze Reihe weiterer Kriterien: um Ihre Branche, Ihre Preise, Ihr Unternehmen und Ihre Kunden. Siezen empfiehlt sich, wenn
- zu viel Nähe unseriös oder suspekt wirkt: in Arztpraxen, bei Therapeuten, im juristischen Bereich oder in der Finanzbranche (unter den Banken setzt die DKB allerdings bereits auf das Du),
- Sie für gehobene Ansprüche stehen: wenn Sie Ihre Angebote mit Adjektiven wie „edel“, „erlesen“ und „nobel“, „exzellent“ oder „kostbar“ beschreiben – oder mit Substantiven wie „Stil“ und „Wertigkeit“,
- Sie kostspielige Waren verkaufen oder Dienstleistungen zu höheren Stundensätzen anbieten: dann ist das Duzen unangebracht,
- konservative, traditionsorientierte Menschen zu Ihrem Kundenkreis gehören – nicht nur hin und wieder, sondern zu größeren Teilen: Würden Sie duzen, stoßen Sie wahrscheinlich eine ganze Reihe interessierter Kunden vor den Kopf.
Um zu entscheiden, ob Sie duzen oder siezen, sollten Sie Ihre Kunden also auch hier gut kennen. Und falls Sie gerade erst gegründet oder Ihr Geschäft eröffnet haben? Lernen Sie Ihre Kunden kennen: Wenn Sie sie einschätzen können, können Sie jederzeit vom Sie zum Du übergehen – oder umgekehrt.
Machen Sie Ihre Entscheidung aber auch hier davon abhängig, wie Sie selbst zum Du oder zum Sie stehen:
- Klingt das Sie für Sie selbst richtig, kommunizieren Sie authentisch und überzeugend.
- Würden Sie allerdings lieber duzen, dann denken Sie noch einmal über Ihre Leseransprache nach.
Haben Sie sich fürs Siezen entschieden, spricht natürlich nichts dagegen, besser und/oder persönlich bekannte Kundinnen und Kunden zu duzen.
Social Media: Duzen, obwohl Sie auf anderen Kanälen siezen?
Wenn Sie sich auf Ihrer Website für das lockere Du entschieden haben, ist alles klar: Dann ist das Duzen in sozialen Netzwerken kein Problem. Aber wie sieht’s aus, wenn Sie auf Ihrer Website siezen? Können Sie auf Ihren Social-Media-Kanälen einfach zum Du übergehen? Immerhin hat das Duzen durch die Präsenz sozialer Netzwerke längst eine Eigendynamik entwickelt: Das Du wird verstärkt akzeptiert.
Aber ob Sie auf Plattformen wie Instagram, YouTube oder XING duzen oder siezen, hängt von mehreren Punkten ab. Orientieren Sie sich an diesen Kriterien:
Welche Plattform?
Prüfen Sie, wie einzelne Plattformen ihre Mitglieder ansprechen:
- Facebook, Instagram, X (ehemals Twitter), YouTube oder Snapchat duzen ihre Mitglieder ganz selbstverständlich.
- Auch das Job-Netzwerk XING duzt seit 2020.
- Das Karrierenetzwerk LinkedIn bleibt dagegen beim formellen Sie.
Welche Branche?
Ob Sie duzen oder siezen, kommt auf Ihre Branche an? Letztlich gibt es für sogenannte „seriöse“ Berufsfelder keine klaren Regeln:
- Banken, Versicherungen oder Steuerberater bleiben auch auf Social Media tendenziell beim Sie – aber manche wechseln zum Du.
- Einige Kliniken, Ärzte und Anwälte siezen, wieder andere duzen.
- Auch Stiftungen, Organisationen oder Museen siezen auf ihren Websites und duzen in sozialen Netzwerken.
Bleiben Sie beim Sie, wenn das für Sie stimmig ist. Und greifen Sie zum Du, wenn es auf Social Media für Sie selbst authentischer wirkt: wenn Sie die dortige Eigendynamik des Duzens anerkennen und das Du an Ihre Follower weitergeben wollen.
Sonderfall: LinkedIn und XING
Auch wenn XING seine Mitglieder inzwischen duzt: LinkedIn und XING sind berufliche Netzwerke. Wenn Sie Ihr Gegenüber nicht kennen (und nicht bereits beim Du sind), sollten Sie zumindest bei Erstkontakten beim Sie bleiben:
- Zeigen Sie sich respektvoll und
- setzen Sie auf einen in beruflichen Kontexten angemessenen Umgangston.
Zum Du können Sie letztlich jederzeit übergehen: wenn Ihr Gegenüber signalisiert, dass das Duzen in Ordnung ist.
Und was ist mit Stellenanzeigen …?
Sie duzen Ihre Kundinnen und Kunden und wollen Stellenanzeigen veröffentlichen? Ist es vorteilhafter, dort beim Sie zu bleiben – oder nicht? Achten beim Duzen oder Siezen in Ihren Stellenanzeigen auf folgende Kriterien:
- Welches Unternehmensimage und welche Werte wollen Sie repräsentieren? Falls Sie sich in Ihrer Kundenkommunikation für das Du entschieden haben, setzen Sie bereits ein klares Zeichen: Dann pflegen Sie eine lockere Kommunikation, die auch für angebotene Stellen gilt.
- Wie sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern? Greifen Sie grundsätzlich zum Du, sollten Sie auch in Ausschreibungen Formulierungen wie „Steig bei uns ein und bewirb dich“ nutzen. Bleiben Sie dagegen beim Sie und duzen Sie nur Angestellte, die Sie näher kennen? Dann liegen Sie mit dem Sie richtig.
- Wen suchen Sie? Azubis oder Berufsanfänger erreichen Sie mit dem lockeren Du besser. Und Bewerberinnen oder Bewerber für Führungsfunktionen samt entsprechender Berufserfahrung höchstwahrscheinlich mit dem Sie.
Je nachdem, wen Sie ansprechen wollen: Sie können in Ihren Stellenanzeigen durchaus zwischen dem Du für jüngere Mitarbeiter und dem Sie für ältere Bewerber wechseln. „Innerhalb“ Ihrer Ausschreibungen sollten Sie jedoch einheitlich bleiben: Duzen Sie ruhig, wenn Sie einen neuen Azubi suchen – aber greifen Sie nicht ein, zwei Wochen später bei einer neuen Anzeige für ebendiese Azubi-Stelle zum Sie.
Extratipp zum Schluss
Wenn Sie Ihre Kunden auf Ihrer Firmenwebsite duzen oder siezen, gilt Ihre Unternehmenskommunikation natürlich auch für Ihre Angestellten. Und für deren und Ihren eigenen Schriftverkehr. Kennen Ihre Kundinnen oder Kunden Ihren Onlineauftritt und besuchen sie erst danach Ihr Geschäft, sollten Ihre Angestellten einheitlich sprechen. Und E-Mails (zum Beispiel nach Bestellungen in Ihrem Onlineshop) sollten auch nicht willkürlich zwischen dem Du und dem Sie wechseln. Achten Sie auf sämtliche Kommunikationskanäle Ihres Unternehmens – und schulen Sie Ihre Mitarbeiter.
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